Konfrontation oder Kooperation? – Das politische und militärische Kräfteverhältnis der USA und der VR China im asiatisch/pazifischen Raum.

Konfrontation oder Kooperation?
Das politische und militärische Kräfteverhältnis der USA und der VR China im
asiatisch-pazifischen Raum.
Wenn Präsident Obama im Rahmen seiner Amtsführung einen Dollar ausgibt, sind
30 Cent geliehen (Spiegel online,15.2.2010), der überwiegende Teil davon kommt
aus China, das im Juni 2011 etwa 1,15 Billionen US Dollar an langfristigen
Staatspapieren hielt.
Die USA sind der wichtigste Handelspartner für China, zu Jahresmitte 2010 betrug
der Handelsbilanzüberschuss Chinas bereits120 Milliarden US Dollar. Diese
Daten verdeutlichen die wirtschaftlich-politische Interdependenz der USA und Chinas.
Der Status quo des politischen und militärischen Kräfteverhältnis´ im asiatisch/pazifischen Raum ist das Ergebnis geopolitischer Entwicklungen nach dem Ende des ´Kalten Krieges` und des Zusammenbruchs der Sowjetunion. Neben der Superpower USA und der wirtschaftlichen Großmacht China spielen auch Japan, die Russische
Föderation und Indien eine wichtige Rolle in dieser Region. Ausschlaggebend jedoch
für Entwicklung und Stabilität im asiatisch/pazifischen Raum sind die bi-lateralen
Beziehungen der USA und Chinas. Die USA verstehen sich traditionell als asiatische
Macht. Außenpolitisch wechselte die Haltung von der Phase des ´containment`
(Eingrenzung) über ´congagement` zum ´engagement`(normale Beziehungen).
Entsprechend ging der erste Auslandsbesuch der Außenministerin der neuen Obama
Administration 2009 nach Japan und China. Die von Obama unterzeichnete ´National
Security Strategy 2010` unterstreicht die Rolle der USA als Ordnungsmacht im
asiatisch/pazifischen Raum und verdeutlicht die positive, auf Kooperation gerichtete
Haltung der USA gegenüber dem sich rasant entwickelnden China. Basierend auf
der Erwartung, dass auf dem Weg Chinas zur Großmacht soziale und politische
Freiheiten verwirklicht werden, liegt der Impetus der Strategie der USA nicht mehr
auf der Priorität der Forderung nach Einhaltung der Menschenrechte, sondern auf
der für beide Seiten vorteilhaften Kooperation.
Im Gegensatz zur transatlantischen Nato, in die die USA eingebunden sind, gibt es
im asiatisch/pazifischen Raum keine kollektiven Sicherheits,- oder
Verteidigungsinstitutionen.
Die USA sehen in Japan, neben Südkorea und Australien ihre wichtigsten Partner im
asiatisch-pazifischem Raum.
Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, auf die Verträge von San Francisco zu
verweisen. Die USA haben nach dem Zweiten Weltkrieg und zu Beginn der 1950er
Jahre ein System von überwiegend bilateralen Verträgen und Vereinbarungen im
asiatisch/pazifischen Raum geschaffen, die ihre Vormachtstellung, auch auf
wirtschaftlichem Gebiet, sichern, die Ausbreitung der kommunistischen Ideologie
verhindern und eine Wiederholung japanischer Expansionspolitik unmöglich machen
sollte. Seit Unterzeichnung der Verträge von San Francisco haben die USA die
Verträge den jeweils sich verändernden geopolitischen Entwicklungen angepasst.
Dazu zählt die intensivierte sicherheitspolitische Kooperation mit Singapur, Thailand
und den Philippinen als „…major non-Nato allies“ (Nunn-Cohen Amendment Title 10,
Section 167, 1987). In dem Theater Security Cooperation Program von 2005 haben
die USA auch Vereinbarungen über Kooperationen im militärischen Bereich mit
Japan, Indien, Vietnam, Indonesien und der Mongolei getroffen. Diplomatisch und
strategisch geschickt gelang es den USA, ein nahezu geschlossenes System
sicherheitspolitischer, bilateraler Abkommen und Vereinbarungen mit Staaten zu
etablieren, die an der Peripherie Chinas oder zumindest im asiatisch-pazifischen
Raum liegen und China eingrenzen oder umzäunen.
Die USA sind die stärkste Militärmacht der Welt. Die US Streitkräfte haben die Fähigkeit, modernste Technologien zu entwickeln, und militärisch zu nutzen. Sie verfügen über modernste C4 SIR Systeme (control, communication, computation, intelligence, surveillance und reconaissance) und verfügen neben der Russischen Föderation über das umfangreichsteArsenal strategischer und taktischer Nuklearwaffen mit Zweitschlagskapazität. Sie können zwei konventionell geführte Kriege gleichzeitig an geographisch verschiedenen Positionen der Erde führen. Ihre Fähigkeiten zur weltweiten militärischen Machtentfaltung (power projection) in vernetzten Operationen( joint operations ) sind unübertroffen. Sie besitzen durch permanente Präsenz ihrer maritimen Kampfgruppen (combat groups) auf allen Ozeanen weltweite Seeherrschaft.

Der wirtschaftlichen und militärischen Supermacht USA steht China als zweitstärkste
Wirtschaftsmacht der Welt gegenüber. China, das bevölkerungsreichste Land der
Erde mit niedrigem Prokopfeinkommen und geringem Konsum, hat ein enormes
wirtschaftliches Potential. Politisch relevant ist, dass der rasante wirtschaftliche
Aufschwung China´s als Leistung der Kommunistischen Partei China´s (KPC)
verbucht wird.
Damit gestaltet sich die innenpolitische Bedeutung der KPC, da ihre Machtposition
direkt abhängig von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung ist. Die Grundlage der
chinesischen Außenpolitik fußt auf den „Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz“.
Zu diesen gehören Unabhängigkeit, Souveränität, gegenseitige Nichteinmischung
und gegenseitige Wirtschaftsbeziehungen, sowie ganz allgemein die Förderung von
Weltfrieden, Verständigung und Entwicklung.
China ist Mitglied der UNO, hält einen der fünf Sitze mit Vetorecht im UN
Weltsicherheitsrat und beteiligt sich an UN – Aktionen u.a. an der Elfenbeinküste, der
Republik Kongo, in Äthiopien, dem Libanon und Liberia. China ist Mitglied in der
Welthandelsorganisation (WTO), beteiligt sich am Internationalen Währungsfond
(IMF), ist Gründungsmitglied der Shanghai Organisation für Zusammenarbeit – SOZ,
(Shanghai Cooporation Organisation, SCO), zu der auch Russland, Kasachstan,
Kirgisien, Tadschikistan und Usbekistan gehören. Die Ziele der SOZ bestehen in der
Verbesserung der Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten, Intensivierung der
Zusammenarbeit und Erhaltung des Friedens. In dieser Organisation haben Indien,
die Mongolei, der Iran und Pakistan Beobachterstatus.
China ist mit den ASEAN – Staaten, zu denen Brunei, Kambodscha, Indonesien,
Laos, Malaysia, Myanmar, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam gehören,
durch Vertrag im Rahmen der ASEAN + 3 verbunden. Bei ASEAN + 3 handelt es
sich um Kooperationsverträge zwischen den ASEAN Staaten und China, Japan und
Südkorea. China hat eine Freihandelszone zwischen den Vertragspartnern initiiert,
die jüngst realisiert wurde.
Sie ist ein Beispiel chinesischer Politik, die den ernstgemeinten Wunsch nach einer
friedlichen wirtschaftlichen Entwicklung des chinesischen Umfelds verdeutlichen soll.
Zu dieser Politik gehört auch, dass China den ASEAN-Staaten einen besonderen
Vorzug gewährt. Sie haben alle eine positive Handelsbilanz mit dem
Exportweltmeister China.
China ist aktives Mitglied in einer Reihe von Regimen, von denen hier nur einige,
neben den schon erwähnten, stichpunktartig aufgeführt werden, so der Asia-Pacific
Economic Cooporation (APEC), der Asian-China Free Trade Area (ACFTA), dem
Treaty of Amity and Cooperation in Southeast Asia, dem Asia-Europe Meeting
(ASEM). Zudem hat China eine Declaration on the Conduct of Parties in the South
China Sea unterzeichnet, das Gewaltanwendung im Zusammenhang mit
Besitzansprüchen auf die Spratley Inseln ausschließt.
Im Rahmen der „ Sechs -Parteien -Gespräche“, die wegen des nordkoreanischen
Nuklearprogramms abgehalten werden, ist China ein wichtiger Teilnehmer. Neben
China partizipieren die USA, die Russische Föderation, China, Japan, Südkorea und
Nordkorea an den Gesprächen. Das Sicherheitsinteresse Chinas wird durch den
nordkoreanischen Besitz von Nuklearwaffen stark berührt. China kommt bei diesen
Gesprächen, neben ideologischen Gründen, einer gemeinsamen Grenze und der
Unterstützung Nordkoreas im Koreakrieg eine besondere Rolle zu. Nach den letzten
Raketentests und der Ankündigung, das Nuklearwaffenprogramm fortzuführen, hat
der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, und zwar mit der Stimme Chinas, die
„Resolution 1874“, die eine Reihe von Sanktionen beinhaltet, einstimmig
verabschiedet.
Die oben dargestellten Beziehungen Chinas zu regionalen Foren, Regimen und
Kooperationen zeigen die politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen
Chinas in der Region.
Die Volksbefreiungsarmee (VBA), die chinesischen Streitkräfte, ist die zahlenmäßig
stärkste Armee der Welt, die in Heer, Luftwaffe, Marine und Raketenstreitkräfte
gegliedert ist. Zu den politischen Modernisierungen, die 1978 von Deng Xiaoping
initiiert wurden, gehörte auch die Modernisierung der VBA, wenn auch an letzter
Stelle der vorgesehenen Maßnahmen. Dieser Modernisierungsprozess war
erforderlich, weil die chinesische Militärstrategie sehr lange von Mao konzipiert
wurde, der konzeptionelle Schwerpunkte auf den ´Volkskrieg` und die nukleare
Verteidigungsfähigkeit legte. Hinzu kommt, dass China der offizielle Zugang zu
moderner Technologie seit der Staatsgründung bis heute durch Sanktionen und
Embargos erschwert, wenn nicht gänzlich unmöglich gemacht wurde. Durch das
Zerwürfnis mit der Sowjetunion Anfang der 1960er Jahre wurde die praktizierte
Zusammenarbeit in der Nuklearwaffen-Technologie und den entsprechenden
Trägersystemen schlagartig beendet. Nach Maos Tod wurden die strategischen
Konzepte zum Volkskrieg unter modernen Bedingungen weiterentwickelt. Der unter
amerikanischer Führung erfolgreich geführte Golf-Krieg 1991 mit verbundenen
Operationen aller amerikanischer und verbündeter Teilstreitkräfte, führte in der
chinesischen Führung zu der Erkenntnis, dass der VBA für solche Operationen die
entsprechenden Einsatzkonzepte, die Ausrüstung und Ausbildung fehlte und das
China eine ´Neue VBA` brauchte.
China setzte entsprechend eine ´Revolution in Military Affairs (RMA) mit
chinesischen Charakteristika`, einen umfassenden Modernisierungsprozess in Gang,
der die VBA zur Kriegsführung unter den Bedingungen einer Informatization (Krieg
im IT-Zeitalter), befähigen sollte.
Die Modernisierung der Streitkräfte wird energisch forciert, denn es besteht
gegenwärtig im Heer, der Luftwaffe und der Marine ein eklatanter Mangel an
modernsten Waffensystemen und Geräten. Die Masse der Systeme und Geräte sind
veraltet. Die Stückzahlen moderner Systeme in Heer, Luftwaffe und Marine, in
Russland beschafft, mit russischer Lizenz in China gefertigt oder eigene
Entwicklungen, sind nicht ausreichend, um den Anforderungen durch die gültigen Einsatzkonzepte zu genügen. Die VBA besitzt keine Fähigkeiten zur Entfaltung militärischer Macht (power projection) über große Entfernungen. Eine solche wirkungsvolle Fähigkeit ist nicht kurzfristig, sondern allenfalls mittelfristig (20-25 Jahre) zu erreichen. Verstärkt wird daher die Modernisierung der U-Boot Flotte, der Raketenstreitkräfte und die Entwicklung und Beschaffung modernster Marschflugkörper, die konzeptionell sowohl für die Integration an Luftwaffen-als auch an Marineträgersystemen vorgesehen sind.

Die chinesische Verteidigungsstrategie (White Paper 2010), deren defensiver
Charakter immer wieder betont wird, sieht für die VBA innenpolitisch die Sicherung
der führenden Rolle der Kommunistischen Partei Chinas und die Wahrung der
staatlichen Integrität vor. Weltweit umfasst der Auftrag die Sicherung der
strategischen Bedingungen für die nationale Entwicklung und die Durchsetzung der
nationalen, strategischen Interessen.
Die letzteren Aufgaben sind ohne die vorher angesprochene ´power projection`
Fähigkeit militärisch gegenwärtig nicht erfolgreich zu bewältigen.
Zusammenfassend ist fest zu halten, dass die USA eine asiatisch/pazifische
Ordnungsmacht sind, die über ein wirkungsvoll und differenziert
politisch/diplomatisches Instrumentarium für diese Region verfügen und darüber
hinaus technologisch und operativ deutlich überlegene Streitkräfte haben. Sie tragen
damit wesentlich zu Stabilität und Entwicklung dieser Region bei.
Die USA befinden sich in einer wirtschaftlich und daher auch innenpolitisch
angespannten Situation, die nicht zuletzt auch durch die Kriegführung der vorherigen
Administration verursacht wurde. Es gibt jedoch keine Anzeichen dafür, dass die
USA bereit ist, ihre führende Rolle als Superpower weltweit auf zu geben. Die
strategische Partnerschaft, der ´Ökonomisch Strategische Dialog` kennzeichnet eine
neue Nuance in den bi-lateralen Beziehungen der USA und Chinas, vor allem nach
der Vereinbarung, dass trotz der unterschiedlichen politischen Systeme, die für den
jeweiligen Partner essentiellen nationalen Interessen akzeptiert und vorbehaltlos
anerkannt werden.
Die Ablösung der USA als Superpower durch China, wie sie von einigen politischen
Wissenschaftlern der ´Internationalen Beziehungen` oder von Publizisten in den USA
basierend auf der ´power transition theory` diskutiert wird, ist weder weltweit noch
regional mittelfristig zu erwarten.
Die rasante wirtschaftliche Entwicklung Chinas, mit permanenten GDP
Wachstumsraten um 10%, sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass China enorme
Herausforderungen auf sozialem, ökologischem und nicht zuletzt auch finanziellem
Gebiet zu bewältigen haben wird.
Daher wird China auf dem Weg zu der asiatischen Weltmacht, einer Position in der
asiatisch/Ppazifischen Region, die vor Jahrhunderten und für Jahrhunderte
selbstverständlich war, nicht ihre Prinzipien der friedlichen Koexistenz verletzen.
Eine Studie über nationale außenpolitische Rollenkonzepte zeigt, dass China
weltweit kooperieren will, die nationale Entwicklung in einem friedlichen Umfeld
anstrebt und keine hegemonialen Ambitionen verfolgt.
©Frank Vorbach München 2011

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